1933 Das Jahr der Machtergreifung (1) 30. Januar bis 31. März 1933

Machtergreifung, Erste Schritte zum Aufbau der Diktatur

Teil 1: 30. Januar bis 31. März 1933

Vorwort

Warum habe ich versucht, mich mit den Geschehnissen und der Entwicklung des Nationalsozialismus des Jahres 1933 in Deutschland zu befassen? Eine Vielzahl von Fragen die mich immer wieder beschäftigten.

  • Wie war es möglich innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums aus einer Demokratie (wenn auch sehr jungen) eine Diktatur aufzubauen?
  • Waren unsere Eltern, Großeltern zu passiv, zu schwach?
  • Hatte die Gesellschaft versagt?
  • Waren die politischen Parteien zu schwach?
  • Hätte die Kirche nicht erkennen müssen, was auf das deutsche Volk zukommt?
  • Waren die weltweit vertretenen jüdischen Organisationen nicht genügend informiert?
  • Konnten oder wollten die Staatsmänner der europäischen Mächte nicht gegensteuern?


Auf alle diese Fragen suchte ich, Jahrgang 1930, Antworten. Hinzu kommen aber auch ganz persönliche Fragen. Mein Vater hatte Theologie studiert, nicht zu Ende gebracht, ging dann, um Geld zu verdienen,  zur Polizei, war im 3. Reich Kriminalkommissar und Mitglied der Bekennenden Kirche (BK).  Ich bedauere, dass ich ihn über das Geschehen im Nationalsozialismus nicht hinterfragt habe. Damals hatten meine eigenen Probleme im Vordergrund gestanden.

Ich versuchte nun mit Hilfe meiner Bücher den Themen auf den Grund zu gehen. Dann musste ich jedoch feststellen, dass die eigenen Bestände bei Weitem nicht ausreichten. Deshalb beschaffte ich mir ständig Bücher aus den Öffentlichen Büchereien.

Wegen des umfangreichen Materials habe ich den Bericht in fünf Teile aufgeteilt und zwar:

Teil 1:      30. Januar bis 31. März 1933

Teil 2:     April, Mai und Juni 1933

 Teil 3:    Juli bis Dezember 1933

Teil 4:     Emigrationen bereits in 1933

 Teil 5:    Auszüge aus den Texten 1-3, die Kirche  betreffend


Berlin, Im Mai 2011

Eckehard Leuschner

Meinen Bericht beginne ich mit dem Tag, an dem Hitler die Reichskanzlerschaft übernahm, dem

30. Januar 1933

Am 30. Januar 1933 wird die Reichskanzlerschaft Hitlers auch von evangelischer Seite, von Kirchenvolk und Geistlichkeit, als positives Ereignis oft “überschwänglich“ gefeiert. Es gibt begeisterte Grußadressen, auch von Geistlichen, die nicht zu den „Deutschen Christen” gehören, darunter von einem der bekanntesten Pfarrer, Martin Niemöller, der bald zu den unversöhnlichsten Gegnern des Nationalsozialismus gehören wird. Dieser Pfarrer ist im 1. Weltkrieg Marineoffizier gewesen, U-Boot-Kommandant. Danach ist er erst Pfarrer geworden. Sein Buch “Vom U-Boot zur Kanzel” hat ihn weithin bekannt gemacht. Niemöller – wie andere Kirchenmänner auch- begrüßte Hitlers Regierungsantritt und nach dem 5. März 1933 auch den Wahlsieg der NSDAP – DNVP-Koalition. Niemöller (1892 –  1984) wurde   1934 durch den preuß. Landesbischof in den Ruhestand versetzt, er ignorierte diese   Maßnahme und führte sein Pfarramt weiter, 1937 wurde er verhaftet und in das KZ   Sachsenhausen eingewiesen, über Dachau und Südtirol, wurde dann 1945 befreit. (Literatur: “Illustrierte Geschichte des Widerstandes in Deutschland und Europa      1933 – 1945” von Dr. Kurt Zentner, 1966, S.39.)

Die Reichskanzlerschaft Hitlers dauerte 12 Jahre, 3 Monate und 9 Tage.

Bemerkenswert ist:

Bereits an einem Sonntag im Februar 1928 sagte Joseph Roth:

In zehn Jahren wird

a)   Deutschland gegen Frankreich Krieg führen,

b)   Werden wir, wenn wir Glück haben in der Schweiz als Emigranten leben,

c)   Werden die Juden auf dem Kurfürstendamm geprügelt werden. (Literatur: Brigitte Fischer in „Sie schrieben mir oder was aus meinem Poesiealbum wurde“, Seite 283)

 

31. Januar 1933

Am Abend des 31. Januar 1933 veranstalteten NSDAP, SA, SS, Stahlhelm und der Preußische Landeskriegerverbandeinen Fackelzug zu Ehren der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, bei dem es zu schweren Zusammenstößen zwischen der sie beschützenden Polizei und den Mitgliedern des Reichsbanners sowie der Antifaschistischen Aktion kam.

1. Februar 1933

In den Morgenstunden des 1. Februar 1933 kam es zu weiteren gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen dem Reichsbanner und einer SA-Gruppe. Dabei stach Lebers Reichsbanner-Leibwächter Willi Rath den SA-Marinesturmmann Rudolf Brügmann nieder, der diesen Verletzungen erlag. Unter Missachtung seiner Immunität als Mitglied des Reichstags wurde Leber verhaftet, was zu großen Demonstrationen der Eisernen Front am 14. und 19. Februar 1933 führte. Rath wurde zu einem Jahr, Leber als „geistiger Urheber“ zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Anschließend wurde er im KZ Esterwegen (Emsland) und Sachsenhausen festgehalten, 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.  (In Berlin wird erinnert: Julius-Leber-Brücke, Kolonnenstraße Ecke Feurigstraße)

 

1. Februar 1933

Bereits zwei Tage nach der Regierungsbildung Hitler tritt die Verordnung des Reichspräsidenten über die Auflösung des Reichstages in kraft.

„Nachdem sich die Bildung einer arbeitsfähigen Mehrheit als nicht möglich herausgestellt hat löse ich auf Grund des Artikel 25 der Reichsverfassung den Reichstag auf, damit das Volk durch die Wahl eines neuen Reichstag zu der  neu gebildeten Regierung des nationalen Zusammenschluss Stellung nimmt.” (Literatur: Czech-Jochberg:”Vom 30. Januar bis zum 21. März”, Verlag “Das neue Deutschland”)

Der 5. März 1933 wurde zur Wahl des neuen Reichstags festgesetzt.

2. Februar 1933

Berlin, Karl-Liebknecht-Haus: polizeiliche Durchsuchung der KPD-Parteizentrale (Schließung am 8. März. 1933)

Max Fechner (SPD) wird ins KZ Oranienburg eingeliefert, Medizinstudent Albert Wollenberger (KPD) flieht in die Schweiz, Dr. Friedrich Wolf (KPD) u. Familie (Sohn Markus Wolf) fliehen in die Schweiz.

3. Februar 1933

Bereits bei seiner allerersten Ansprache als Reichskanzler vor den Generalen der Reichswehr hatte Hitler am Abend des 3. Februar 1933 in der Berliner Wohnung des Chefs der Heeresleitung, Kurt von Hammerstein-Equord, die Eroberung neuen Lebensraum im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung angekündigt. (Literatur: Ian Kershaw in „Der Weg ins Inferno“, Die Zeit vom 1. Juni 2011)

4. Februar 1933

Nur wenige Tage nach der Regierungsübernahme ist am 4. Februar 1933 die „Notverordnung zum Schutz des Deutschen Volkes“ erlassen worden. Diese regelte die Ausweitung der polizeilichen Haft bis zu drei Monaten bei Verdacht auf Landes- und Hochverrat bzw. bewaffneter Störung der Öffentlichen Sicherheit, allerdings formaljuristisch noch ein Recht auf Vorführung vor einen Richter. (Diese Notverordnung ist nicht zu verwechseln mit der vom 28. Februar 1933, siehe dort)

5. Februar 1933

„Evangelium im Dritten Reich”: Die Glaubensbewegung „Deutsche Christen“, „DC“, bereits 1932 gegründet, veranstaltet am 5.2.1933   in der St. Marienkirche einen Dankgottesdienst. Predigt hält Reichsleiter  Pfarrer Joachim Hossenfelder. Er predigt über 1. Korinther 15,57: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus“. Reichpräsident Hindenburg, so tönt es von der Kanzel, habe „den denkbar besten Mann“ an die Spitze der Regierung berufen. Hossenfelder schildert den neuen katholischen Reichskanzler als „Mann aus einem Guß,  gegossen aus Reinheit, Frömmigkeit, Energie und Charakterstärke, unseren Adolf Hitler“. (Literatur: Prof. Dr. Manfred Gailus in „Kreuze und Hakenkreuze im Tagesspiegel vom 2. Februar 2013)

7. Februar 1933

Bois, Curt, geboren am 5. April 1901, wohnhaft in Berlin Schöneberg, spielte bereits in den zwanziger Jahren in vielen Filmen mit, einer der ersten Kinderstars der Filmgeschichte. Bois emigrierte über Prag, Wien und London nach New York.

10. Februar 1933

Großkundgebung im Sportpalast in Berlin. Reichskanzler Hitlers   1. Sportpalastrede vor jubelnden Pg’s, u. a.   dem konservativen Wahlhelfer Prinz August Wilhelm v. Preußen, Kaiser-Sohn u. NSDAP-Ehrenmitglied Nr. 24. Hitler: „Deutsches Volk, gib uns vier Jahre Zeit… Ich hege felsenfest die Überzeugung, dass eben doch dann einmal die Stunde kommt, in der die Millionen, die uns heute verfluchen, hinter uns stehen und mit uns dann das gemeinsam geschaffene, wieder erkämpfte, bitter erworbene deutsche Reich der Größe und der Ehre und der Kraft und der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit begrüßen werden. Amen!”

11. Februar 1933

Aufgrund eines Erlasses des preußischen Ministerpräsidenten Göring werden Angehörige von SA, SS und des Stahlhelms zu Hilfspolizisten ernannt, circa  3.000 bis 4.000 SA- und SS-  Männer, zur SA-Feldpolizei (Fepo), eine kasernierte Sondereinheit. (Literatur: “Machtergreifung 1933” von Hans-Norbert Burkert, Klaus Matußek und    Wolfgang Wippermann, Stätten der Geschichte Berlin, Edition Albert Hentrich im Rembrandt Verlag Berlin, 1982, Seite 65, 74)

12. Februar 1933

Eisleben, Friedrich-Jahn-Turnhalle, NSDAP-Kreisleiter  Ludolf  von Alvensleben, NSDAP-Reichstagsabgeordneter, SS-Gruppenführer. Am 12. Februar 1933 leitete Alvensleben den Überfall von 600, meist bewaffneten SS- und SA-Leuten auf eine Arbeitersporthalle und ein von der KPD genutztes Gebäude in Eisleben. Bei diesem „Eisleber Blutsonntag“ starben vier Menschen, 24 weitere wurden schwer verletzt.  (Literatur, Wikipedia: Ludolf-Hermann Emmanuel Georg Kurt Werner von Alvensleben)

15. Februar 1933

Preußische Akademie der Künste schließt den eigenen Präsidenten der Sektion Dichtkunst,  Heinrich Mann, aus (er  emigriert am 21. Februar 1933 über die Tschechoslovakei nach Frankreich und 1940 in die USA, Bruder Thomas Mann kehrte nach deutscher Medienhetzkampagne nicht heim ins Reich, auch die Neffen Golo Mann und Klaus Mann emigrieren 1933.

Alfred Kerr,  lange vor 1933 hatte Kerr vor dem drohenden Nationalsozialismus und insbesondere vor Hitler gewarnt. Er nahm die Warnung einer Polizeistelle am 15. Februar ernst, ihm werde am nächsten Tag der Pass abgenommen und er solle fliehen. Bereits am nächsten Tag floh er über die Tschechoslowakei, Schweiz und Frankreich.  Am 10. Mai 1933 wurden seine Bücher auf dem Opernplatz, heute Bebelplatz, verbrannt. Am Grundstück Douglasstraße 10 ist am Gartenzaun eine Inschrift befestigt: „Hier wohnte bis zu seiner Emigration im Jahr 1933 Alfred Kerr“. Ebenfalls eine Inschrift am Haus Höhmannstraße 6, dort wohnte Kerr bis 1929.   (Literatur: “Orte des Erinnerns”, Band 2, Hrsg. Kunstamt Schöneberg, Seite 131)

17. Februar 1933

Göring fordert die Polizei auf, bei der Verfolgung politischer Gegner von der Schusswaffe gebrauch zu machen. „Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten von der Schusswaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schusswaffengebrauch von mir gedeckt…”

Die bestehenden Anordnungen an die Polizei, von der Ausweisung von ausländischen oder staatenlosen “Ostjuden“, die schon lange in Deutschland gelebt hatten, abzusehen, werden aufgehoben.   (Literatur: „Chronologie des Holocaust“ von  Knut Mellenthin)

19. Februar 1933

Der Reichsbanner („Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold”, Bund Deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner) versammelte sich, etwa 10.000 Personen, zum letzten Mal im Lustgarten. Die SA schoss in den Demonstrationszug, es gab viele Tote und Verletzte.   (Literatur: „Machtergreifung Berlin 1933“, Edition Albert-Hentrich im Rembrandt Verlag Berlin, Seite  65)

20. Februar 1933

Beim Geheimtreffen vom 20. Februar 1933 Hitlers mit 25 Industriellen (u.a. Dr. Carl Bosch, August v. Finck – Bankhaus Merck, Finck & Co., Friedrich Flick, Gustav Krupp v. Bohlen u. Halbach, Dr. Hjalmar Schacht, Kurt v. Schröder, Georg v. Schnitzler, Fritz Springorum-Hoesch AG, Ernst Tengelmann – Gelsenkirchener Bergwerks AG, Fritz Thyssen u. Dr. Albert Vögler – Vereinigte Stahlwerke). Die industriellen stellen  der NSDAP einen Wahlfonds von 3 Millionen Reichsmark zur Verfügung.

23. Februar 1933

Es kam zur letzten Wahlkundgebung der Berliner KPD . Hauptredner war der Reichstagsabgeordnete Wilhelm Pieck, ein Gründungsmitglied der Partei.   (Literatur:  „Widerstand 1933 – 1945  in Neukölln“, von Hans-Rainer Sandvoß, Seite  145)

Die Berliner Jüdin Frieda Friedmann richtet angesichts der wachsenden antisemitischen Propaganda und des judenfeindlichen Terrors einen Brief an Reichspräsident Paul v. Hindenburg, in dem  es u.a. heißt:

“Ich war 1914 verlobt, mein Verlobter fiel 1914. Zwei meiner Brüder fielen im Jahre  1916 und 1918. Mein letzter Bruder Willy kam erblindet durch Verschüttung aus dem  Felde zurück. Alle haben das Eiserne Kreuz für Verdienste am Vaterland. Jetzt jedoch ist es in unserem Vaterlande so gekommen, dass auf der Straße öffentlich Broschüren  gehandelt werden; ‚Juden raus!’ öffentliche Aufforderung zu Pogromen und Gewalttaten  gegen die Juden.  Wir sind Juden und haben unsere vollste Pflicht  für das Vaterland  erfüllt. Sollte Ew. Exzellenz da nicht Abhilfe schaffen können, und dessen eingedenk sein, was auch die Juden dem Vaterland geleistet haben? Ist die Judenhetze Tapferkeit oder Feigheit, wenn es im deutschen Staat bei 60 Millionen Menschen 1% Juden gibt?”

Dieser Brief wird auch Adolf Hitler persönlich vorgelegt, der an den Rand schreibt: “Diese Behauptungen dieser Dame sind ein Schwindel. Es ist selbstverständlich nicht eine Aufforderung zum Pogrom erfolgt.”   (Literatur: Wolfgang Benz, Realität und Illusion. Die deutschen Juden und der  Nationalsozialismus, in: derselbe, Herrschaft und Gesellschaft im nationalsozialistischen Staat, Frankfurt a. M. 1990, S. 120f.)

24. Februar 1933

An diesem Tage verpflichtete das preußische Innenministerium die Landeskriminalpolizei „sämtliche Beobachtungen und Feststellungen politischer Art” zu melden. Ein umfangreiches Berichts- und Kontrollwesen ist damit eingeführt worden. (Literatur: Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst“, Seite 33)

26. Februar 1933

Walter Mehring, deutscher Schriftsteller und einer der bedeutendsten satirischen Autoren der Weimarer Republik, emigriert.

27. Februar 1933

Reichstagsbrand. Noch in der Brandnacht werden in Berlin 1.500 und im Reich weitere 8.500 Personen verhaftet. Sog. “wilde KZ’s“ werden eingerichtet. Durch die Reichstagsbrandverordnung, vom nächsten Tage werden Grundrechte außer Kraft gesetzt.

In Berlin: Razzien im Scheunenviertel (Wilde KZ’s waren u.a. Gerätekammern im Wasserturm auf dem Prenzlauer Berg, Friedrichshain Elbinger Str./ Petersburger Str.  86 (SA-Lokal Keglerheim), im Keller der ehemaligen Kaserne in der General-Pape-Straße). Zu den Verhafteten noch während der Nacht des Reichstagsbrandes gehörten u.a. die Schriftsteller Erich Mühsam, Carl v. Ossietzky, Egon Erwin Kisch Fritz Ausländer. Ossietzky wurde zunächst in das wilde Konzentrationslager General-Pape-Straße gebracht. Am 6. April  wurde er dann vom Schlesischen Bahnhof in das Konzentrationslager Sonnenburg bei Küstrin überführt.

(Mühsam: Der Schriftsteller Erich Mühsam war eine der Leitfiguren in der 1918 ausgerufenen Münchner Räterepublik und als linker Revolutionär bekannt. Schon früh thematisierte der anarchistische Kommunist in seinen Theaterstücken die drohende Gefahr des Nationalsozialismus. Noch in der Nacht des Reichstagsbrands wurde er verhaftet, 1934 wurde er in das Konzentrationslager Oranienburg verschleppt. Nach monatelangen Misshandlungen wurde Mühsam dort von der SS erhängt.)

(Ausländer: Der Lehrer Fritz Ausländer wurde 1928 für die KPD in den Preußischen Landtag gewählt. Bereits 1932 war er wieder aus der Partei ausgetreten, dennoch wurde er nach dem Reichstagsbrand 1933 festgenommen und in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert. Später wurde Ausländer aus dem Schuldienst entlassen, seine Pension wurde ihm entzogen. 1939 folgten eine erneute Verhaftung und Verhöre durch die Gestapo. Um eine abermalige Inhaftierung zu verhindern, nahm er sich 1943 das Leben.)

 

 

(Der Begriff „Konzentrationslager“ bezeichnete in verschiedenen Epochen verschiedener Länder mehrere Arten von Internierungs- und Arbeitslagern . Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Spanischen. Er wurde erstmals nachweisbar 1896 während des kubanischen Unabhängigkeitskrieges gegen die spanische Kolonialmacht verwendet. Im deutschen Sprachraum steht der Begriff Konzentrationslager seit der Zeit des Nationalismus in Verbindung mit der Abkürzung KZ, deren Herkunft ungeklärt ist, für die Arbeits- und Vernichtungslagern des NS-Regimes. Zunächst wurde von nationalsozialistischen Funktionären die Abkürzung “KL” für Konzentrationslager verwendet (auch in der Schreibweise K. L.). Nach Eugen Kogon „Der SS-Staat“ gaben SS-Wachmannschaften dann der Abkürzung “KZ” wegen ihres härteren Klanges den Vorzug. In der NS-Zeit wurde umgangssprachlich mit der Abkürzung KZ oder dem Wort Lager wahrscheinlich in vielen Fällen zunächst die Haftorte oder das nächstliegende KZ und die Haft auf unbestimmte Zeit unter unmenschlichen Bedingungen verstanden.)

In der Nacht des Reichstagsbrandes am 27. Februar 1933, in der, wie dargestellt, die erste große Verhaftungswelle lief, besetzte die Polizei auf Geheiß Görings das Vorwärtsgebäude in der Lindenstraße 3 – die Lindenstraße 3 war damals der Hauptsitz der SPD –  und hielt die Druckmaschinen an. Nur wenige Exemplare entgingen der Beschlagnahme. Die Polizei zog danach wieder ab, doch sollten sich die Angriffe der Regierung und ihrer Bürgerkriegshilfstruppen mehren.   (Literatur: “Widerstand in Kreuzberg” Seite 43)

28. Februar 1933

„Gesetz zum Schutz von Volk und Staat.“ Die sog. Notverordnung, die “Reichstagsbrandverordnung” ; jeder politische Gegner kann zu jeder Zeit verhaftet werden. Die wichtigsten Grundrechte der Weimarer Verfassung werden außer Kraft gesetzt und der Ausnahmezustand verkündet. U. a. wird die kommunistische Presse – zunächst auf die Dauer von vier Wochen-  verboten. Artikel 118 der Weimarer Verfassung, der die Pressefreiheit garantierte, ist außer Kraft gesetzt worden.   (Literatur:  Die “Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat” vom 28.2.1933 (Ein Tag nach dem “Reichstagsbrand ! !). “Aufgrund des Art. 48 Abs. 2 der Reichsverfassung werden die Art. 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung außer Kraft gesetzt”. Diese Artikel betrafen die Grundrechte der Bürger. Diese Verordnung bildete die Grundlage für die antidemokratische Gesetzgebung der NS – Zeit).

Einen Tag nach dem Reichstagsbrand ist Bertolt Brecht mit Helene Weigel aus Deutschland geflohen, zunächst nach Dänemark.  1935 wurde Brecht offiziell ausgebürgert.

Am 28. Februar 1933 wurde Wolfgang  Langhoff, deutscher Schauspieler und Regisseur, von der Gestapo verhaftet und zunächst im Düsseldorfer Polizeigefängnis inhaftiert, wo er schwerer Folter durch die SA ausgesetzt war. Wenige Tage später wurde er in das Düsseldorfer Zuchthaus “Ulmer Höhe” verlegt. Im Juli 1933 wurde er ins Konzentrationslager Börgermoor im Emsland verbracht, wo er 13 Monate inhaftiert blieb. Die Häftlinge sollten 50.000 ha Moor (100 qkm) mit Hacke und Spaten entwässern und kultivieren. Dort überarbeitete er im August 1933 einen Text von Johann Esser zum später weltberühmt gewordenen Moorsoldaten-Lied. Die Melodie komponierte der Mithäftling Rudi Goguel.

Wohin auch das Auge blicket
Moor und Heide ringsherum
Vogelsang uns nicht erquicket
Eichen stehen kahl und  krumm.
Wir sind die Moorsoldaten
Wir ziehen mit dem Spaten
Ins Moor

Morgens ziehen die Kolonnen
Durch das Moor zur Arbeit hin
Graben bei dem Brand der Sonnen
Doch zur Heimat steht der Sinn
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor

Auf und nieder geh’n die Posten,
Keiner, keiner kann hindurch,
Flucht wird nur das Leben kosten. Vierfach ist
umzäumt die Burg
Wir sind die Moorsoldaten
Und ziehen mit dem Spaten
Ins Moor

Doch für uns gibt es kein Klagen
Ewig kann’s nicht Winter sein
Einmal werden froh wir sagen
Heimat, du bist wieder mein!
Dann ziehen die Moorsoldaten
Nicht mehr mit dem Spaten
Ins Moor

Nach der Verlegung ins KZ Lichtenburg erfolgte 1934 die Entlassung Langhoffs im Rahmen der sogenannten Osteramnestie; unmittelbar darauf – im Juni desselben Jahres – floh er in die Schweiz, kurz vor Schließung der Grenze. Am Schauspielhaus Zürich fand er Unterkunft und Arbeit als Regisseur und Schauspieler. 1935 wurde der autobiographische Bericht “Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager” veröffentlicht, der nach der Übersetzung durch Lilo Linke ins Englische weltweit Beachtung fand als eine der ersten Augenzeugenschilderungen der Brutalität in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Langhoff war Gründungsmitglied der Bewegung Freies Deutschland in der Schweiz.   (Langhoff war von 1946 bis 1963 Intendant des Deutschen Theater in Berlin)

In der Nacht des 28. Februar wurde auch Hans Achim Litten, 1903 in Halle geboren, ein junger Rechtsanwalt, verhaftet.  Die folgenden fünf Jahre bis zu seinem Tode verbrachte er in Zuchthäusern und Konzentrationslagern.   (Literatur: Informationen zur politischen Bildung, Heft 243) Litten hatte 1932 als Anwalt in einem Prozess Hitler als Zeugen geladen, um darzustellen, dass „Übergriffe“ gegen Kommunisten von den Nazis gesteuert waren.   (Literatur: Irmgard Litten „Eine Mutter kämpft gegen Hitler“)  Neben Litten wurden unter anderem auch die kommunistischen Reichstagsabgeordneten Fritz Emmerich, Ottomar Geschke, Willi Kasper, Ernst Schöller und Walter Stoecker, der Schriftsteller Egon Erwin Kisch, Ludwig Renn, Carl von Ossietzky, bürgerliche Intellektuelle, wie Erich Baron  (Literatur: „Das Gedächtnis der Stadt“: Baron, seit 1924 Generalsekretär der „Gesellschaft der Freunde des neuen Russland“ wurde in der Reichstagsbrandnacht verhaftet und zunächst in Polizeipräsidium gebracht. Zwei Monate später erlag er den in der Haft erlittenen Mißhandlungen. Eine Gedenktafel befindet sich an seinem damaligen Wohnhaus, Pankow, Kavalierstraße 22) und Felix Rosenheim, und auch Littens Kollegen Ludwig Barbasch und Prof. Felix Halle verhaftet.

Ebenfalls am 28. Februar 1933 wurde Ernst Schneller verhaftet und ins Untersuchungsgefängnis Moabit und im April in das KZ Sonnenhang gebracht. Schneller wurde im Dezember 1924 Mitglied des Deutschen Reichstages in Berlin, dem er ununterbrochen bis 1933 angehörte. An seinem Wohnhaus in Niederschöneweide, Schnellerstraße 70a befindet sich eine Gedenktafel.  Literatur: „Das Gedächtnis der Stadt“

Im Februar 1933

Dr. Netty Radvanyi geb. Reiling alias Dr. Anna Seghers (KPD) wird verhaftet aber wegen ihrer ungarischen Staatsbürgerschaft nach kurzer Zeit entlassen (und flieht danach über die Schweiz nach Frankreich und später nach Mexiko.) Frau Seghers wohnte damals in der  Helmstedter Str. 4; nach dem Krieg von 1955 – 1983 in Adlershof.

1933 wurde Richard Tauber in Berlin vor dem Hotel Kempinski von einem SA-Trupp mit den Worten “Judenlümmel, raus aus Deutschland” angegriffen und niedergeschlagen. Eigentlich wollte Tauber sofort emigrieren, blieb dann aber doch, um an seiner Operette “Der singende Traum” zu arbeiten.

1. März 1933

Der Philosoph Theodor Lessing, bereits 1926 wegen seiner Kritik an Reichspräsident Hindenburg als exponierter Linker, Pazifist und Kämpfer gegen Rechtsradikalismus bezeichnet, hatte bereits seine außerordentliche Professur an der Technischen Hochschule Hannover verloren. Am 1. März 1933 flüchtet er mit seiner Frau Ada in die Tschechoslowakei und lässt sich dort im berühmten Kurbad Marienbad nieder. Von hier aus setzt er seine publizistische Tätigkeit in deutschsprachigen Auslandszeitungen fort. (siehe auch 30. August 1933)

Walter Ulbricht wird von den Nationalsozialisten steckbrieflich zur Fahndung ausgeschrieben. Er lebt noch sechs Monate im Untergrund in Deutschland und geht im Oktober auf Beschluss der Parteiführung in die Emigration nach Paris.

Dr. Kurt Georg Kiesinger wird NSDAP-Mitglied Nr. 2 633 930

Reichsminister Wilhelm Frick (NSDAP) ersucht, aufgrund der Notverordnung vom 2. Februar, die Landesregierungen die Landesregierungen alle Zeitungen und Versammlungen der KPD zu verbieten.

2. März 1933

Georg Schwarz, von Beruf Bäcker, war ein deutscher Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Von 1929 bis 1933 war Schwarz  Politischer Sekretär der KPD-Unterbezirke Leipzig, Flöha und Zwenkau. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Schwarz bereits in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1933 verhaftet. Er war in den KZ’s Hohnstein und Sachsenburg inhaftiert.

Alle Länderregierungen verbieten, aufgrund der Anweisung vom 1. März,  kommunistische Druckschriften und Versammlungen jeder Art. Weitere Verhaftungen im ganzen Reich.   (Literatur: Chronologie des Holocaust von  Knut Mellenthin)

Otto Braun (1932 durch Reichspräsident v. Hindenburgs u. Reichskanzler v. Papens “Preußenputsch” amtsenthobener demokratisch gewählter preußischer SPD-Minister-Präsident) verlässt das Dt. Reich im Auto und bezieht sein Haus in der Schweiz. Er war während der Weimarer Zeit dreimal preußischer Ministerpräsident. Erst die auf den Reichstagsbrand folgenden Ereignisse und Warnungen, dass sein Leben bedroht sei, veranlassten Braun zur Flucht. Am 2. März (oder am 4. März??) 1933 flüchtete er  über die Grenze nach Österreich und dann in die Schweiz. Diese Flucht, die noch vor Schließung der Wahllokale in der am 5. März stattfindenden Landtags- und Reichstagswahl bekannt wurde, verzieh ihm die Parteiführung der SPD nicht.

3. März 1933

An diesem Tage hatte man den vor dem Terror untergetauchten Vorsitzenden der KPD Ernst Thälmann in seinem Versteck aufgespürt und verhaftet und nach elf Jahren Isolationshaft, 1944, auf direkten Befehl Adolf Hitlers erschossen. Thälmann war in der Weimarer Republik von 1925 bis 1933 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands(KPD). Am Karl-Liebknecht-Haus, Kleine Alexanderstraße 28 Ecke Weydingerstraße), ist eine Gedenktafel: „Ernst Thälmann, der Führer der deutschen Arbeiterklasse, der heldenhafte Kämpfer gegen Faschismus und Krieg arbeitete in diesem Haus“. Literatur: Das Gedächtnis der Stadt“ Gedenktafeln in Berlin.


4. / 5. März 1933

In der Nacht vom 4. zum 5. März 1933, nachdem Hitler von Königsberg aus in einer von allen Rundfunkanstalten übertragenden Rede den Höhepunkt des Wahlkampfes markiert hatte, brennen auf allen Bergen und Höhenzügen in Deutschland Freudenfeuer. Hitler hatte seine Rede mit einem “Amen” beendet.   (Literatur: “Illustrierte Geschichte des Dritten Reiches” von Dr. Kurt Zentner.

5. März 1933

Wahl des Reichstages:

NSDAP                   17.277.180 Stimmen                       288 Sitze,                          44 %

SPD                      7.181.620 Stimmen                            120 Sitze

KPD                   4.848.058 Stimmen                   81 Sitze

Zentrum             4.424.900 Stimmen                73 Sitze

DNVP                   3.136.760 Stimmen               53 Sitzezuzügl.              

sonstige                                          32 Sitze

total                                                                          647  Sitze

Die NSDAP bildet mit der DNVP eine Koalition. 

5. März 1933. 

Erlass des Thüringischen Ministerium des Innern: „Aufgrund des § 1 der VO vom 28.2.1933 wird mit sofortiger Wirkung der Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens im Lande Thüringen verboten. Vereinseinrichtungen, Akten, Vereinsvermögen, Druckschrift, Zeitschriften usw. polizeilich sofort sicherstellen und in Verwahrung nehmen.”

5. März 1933

Gabriele Tergit, eigentlich Elise Reifenberg,  erlebte den ersten Prozess gegen Adolf Hitler im Kriminalgericht Moabit, der zusammen mit Goebbels wegen eines Pressevergehens angeklagt war. Die daraus folgende Reportage und andere Artikel über die völkische Bewegung und die Nazis veranlassten die Nazis, sie hoch auf ihre Gegnerliste zu setzen. Am 5. März 1933 um drei Uhr morgens überfiel die SA die Tergit-Reifenbergsche Wohnung in Siegmundshof in Berlin-Tiergarten. Die SA scheiterte an den frisch angebrachten Eisenbeschlägen, ein Kollege vom Berliner NSDAP-Blatt Angriff gab ihr den Tipp, sich an den neuen Polizeireferenten Hans Mittelbach zu wenden, der ihr wiederum die noch sozialdemokratisch dominierte Schutzpolizei empfahl, die schließlich den Überfall abwenden konnte. Ihr Mann brachte Gabriele Tergit daraufhin nach Spindlermühle, den Rest ihres Lebens verbrachte sie im Exil. Er emigrierte nach Palästina, sie selbst floh nach Prag und folgte ihrem Mann im November 1933 nach. 1938 siedelte sie schließlich nach London über, wo sie schließlich im Stadtteil Putney lebte. Dort wählte sie 1957 das P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Auslandzum Sekretär. Dieses Amt hatte sie bis 1981 inne. (Literatur: „Das Gedächtnis der Stadt“. Am Haus Siegmunds Hof 22 ist eine Tafel angebracht: „Hier lebte bis zu ihrer Vertreibung durch die SA am 4. März 1933 Gabriele Tergit, Gerichtsreporterin und Schriftstellerin „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“. Sie floh über Palestina und wirkte von 1957 bis 1981 als Sekretär des deutschen Exil-Pen in London)

5. März 1933

Hugo Simon, Bankier und Mäzen, einer der wichtigsten Sammler u.a. der Werke von Frau Renèe Sintenis,  flieht mit seiner Frau über die Schweiz nach Paris. Er war Vorsitzender der Aufsichtsrats des Fischer Verlags, USPD-Mitglied und zeitweise preußischer Finanzminister. Literatur: „Renèe Sintenis“ von Silke Kettelhake

6. März 1933

Beginn von Angriffen der Nationalsozialisten gegen Juden auf dem Berliner Kurfürstendamm, mit einem ersten blutigen Höhepunkt am 9. März. Mehrere Nazis stürmen in das Pensionszimmer des amerikanischen Touristen Nathaniel S. Wolff am Kurfürstendamm 48-49. In einem Brief an den Reichsminister des Innern schildert Wolff den Vorgang:„Heute morgen, um 5 Uhr, kamen fünf oder sechs Nazis mit gezogenen Revolvern in mein Zimmer. Sie beschimpften mich, nannten mich einen schmutzigen russischen Juden und fingen an, meine Sachen zu durchsuchen.”Wolff wird geschlagen und in einen Raum in der Knesebeckstraße in Charlottenburg verbracht, gefesselt an Händen und Füßen. Vor seiner Freilassung im Grunewald wird er gezwungen, folgendes Papier zu unterschreiben:

  • “1. Ich bin Jude.
  •  2. Ich werde heute Abend nach Paris abreisen.
  •  3. Ich verspreche, nie wieder meinen Fuß auf deutschen Boden zu setzen.”

Eine Angestellte der Pension hat mittlerweile mit dem zuständigen Polizeirevier in der Grolmannstraße telefoniert. Man habe ihr aber mitgeteilt, der Vorfall ginge die Polizei nichts an. Die Nazis hätten das Recht, in jedes Haus mit Gewalt einzudringen.Berlin, Ex- Polizeivizepräsident Dr. Bernhard Weiß flieht in die Tschechoslowakei. Als die Nationalsozialisten ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hatten – er stand auch auf der Ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reiches (siehe 25. August 1933)–, ermöglichten ihm Kollegen die Flucht. Weiß floh 1933 über Prag nach London; der deutsch-jüdische  Philosoph u. KPD-Mitgl. Dr. Ernst Bloch flieht in die Schweiz.In Königsberg drang die SA in das lokale Parteibüro der SPD ein, zerschlug das Mobiliar und machte aus den Räumlichkeiten eine behelfsmäßige Folterkammer, in der sie Häftlinge so schwer misshandelte, dass der kommunistische Reichstagsabgeordnete Walter Schütz an seinen Verletzungen starb.   (Literatur: Richard J. Evans “Das Dritte Reich, Aufstieg”, Seite 452)

In Wuppertal schleppten Braunhemden den Arbeiter Heinrich B., einen ehemaligen Kommunisten, aus seiner Wohnung; Sein Leichnam wurde am nächsten Tag in einem Schrebergarten gefunden.

Der  US-amerikanische Botschafter in Berlin, Frederc M. Sackett, telegraphierte nach Washington, dass die Demokratie in Deutschland einen Schlag bekommen hat, von der sie sich vielleicht nie mehr erholen werde Literatur: Karl Grünberg in „Bleiben oder Gehen“ im Tagesspiegel vom 3. März 2013

7. März 1933

Am 7. März wurden im Reich, darunter in Berlin, Parteibüros und Gewerkschaftshäuser besetzt.   (Literatur: “Widerstand in Kreuzberg” Seite 43)

In Dresden: mehrtägige, reichsweite antisemitische Straßenkrawalle, Geschäftsschließungen, Plünderungen, körperliche Misshandlungen u. Verhaftungen jüdischer Deutscher.

In der Semperoper Dresden wird am 7. März Generalmusikdirektor Fritz Busch aus dem Publikum beschimpft.Die “Neue Wiener Presse” veröffentlicht die Zusage des konservativen Vizekanzlers Papen, Juden würden in Deutschland behandelt wie alle anderen Staatsbürger. (Literatur: Chronologie des Holocaust von  Knut Mellenthin)


8. März 1933

Aus einem Rundbrief des Generalsuperintendenten Otto Dibelius an die Pastoren der Kurmark vom 8. März 1933: “Denjenigen, die es in den Zeitungen noch nicht gelesen haben, möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen, dass das Glockengeläut, das am 4. März während der Rede Adolf Hitlers zu hören war, nicht das Geläut des Königsberger Doms war, wie Herr Dr. Goebbels im Rundfunk behauptete, geschweige denn, dass die anderen ostpreußischen Kirchen geläutet hätten. Das Konsistorium hatte das verboten. Das Verbot ist respektiert worden. Man hat im Rundfunk eine Schallplatte mit Glockengeläut laufen lassen, und den Hörern eingeredet, das wäre der Königsberger Dom!  Die kirchliche Disziplin ist in Ostpreußen gewahrt worden. Sie muss auch bei uns gewahrt werden!  . . .”   (Otto Dibelius: 1880 – 1967, Generalsuperintendent der Kurmark 1925 – 1933, am 26. Juni 1933 vom Dienst suspendiert, Mitglied der Bekennenden Kirche,  wiederholt inhaftiert, nach 1945: Bischof von Berlin – Brandenburg, Vors. des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands)

Reichsinnenminister Wilhelm Frick kündigt die Errichtung von Konzentrationslagern an. Die SA unterhält bereits zahlreiche Lager.

Am 8. März 1933 besetzten SA-Leute des Sturmes 5/100 die Jugendburg Hohnstein(Sächsische Schweiz, Ost-Erzgebirge) und funktionierten sie in ein Konzentrationslager um. Ab dem 14. März kamen die ersten Gefangenen in das Lager. Bei den Inhaftierten handelte es sich meist um NS-Gegner – größtenteils Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschaftler – und andere dem Nationalsozialismus Missliebige aus dem Großraum Dresden. Es waren aber auch etwa 400 Jugendliche auf der Burg inhaftiert. Bis August 1934 wurden ungefähr 5.600 Menschen nach Hohnstein verschleppt. Die Bewachung erfolgte durch Angehörige des Pirnaer SA-Sturmes 177. Die Gefangenen wurden im Steinbruch Heeselicht (bei Stolpen) zu schwerster Zwangsarbeit eingesetzt. Hier starben mehrere Häftlinge an den Folgen der Peinigung durch SA-Angehörige, einige nahmen sich das Leben. Ab dem 30. Juni 1934 übernahmen Angehörige der SS unter Leitung des SS-Hauptsturmführers Karl Otto Koch die Bewachung. Das Lager wurde am 25. August 1934 aufgelöst. Viele der Häftlinge wurden in das KZ Sachsenburg verlagert.Das Karl-Liebknecht-Haus in Berlin, die Parteizentrale der KPD, wird erneut von der Polizei besetzt. Es wird bekannt gegeben, dass die am 5. März gewählten 81 Abgeordneten der KPD, also die vor drei Tagen Gewählten, ihre Mandate im Reichstag nicht antreten dürfen. Der Reichsinnenminister Dr. Wilhelm Frick erklärt dazu, dass die Kommunisten beim  Reichstagszusammentritt durch dringende und nützlichere Arbeit an der Teilnahme verhindert sein würden. Man werde ihnen in Konzentrationslagern Gelegenheit geben, sich an fruchtbringende Arbeit zu gewöhnen. Wenn sie sich zu nützlichen Gliedern der Nation erziehen lassen, werde man sie wieder willkommen heißen, sonst aber sie auf die Dauer unschädlich zu machen wissen.Durch die Aufhebung der kommunistischen Mandate verfügen die Nationalsozialisten über die absolute Mehrheit im Reichstag. (288 Sitze von nunmehr 566 Sitzen).In Duisburg-Hamborn, Oberhausen, Moers und in Essen erzwingen SA-Trupps die zweitägige Schließung der “jüdischen” Warenhäuser von Leonhard Tietz.   (Literatur: Johannes Ludwig, Boykott – Enteignung – Mord. Die “Entjudung” der   deutschen Wirtschaft, München 1992, S. 104 f.)

Berlin, Regisseur u. Deutsche Theater-Leiter Max Reinhardt emigriert nach Österreich (ab 1937 USA) 

ebenfalls am 8. März 1933 taucht in der Presse der Begriff KZ für Nohra, ehemaliger Flugplatz bei Nohra, sechs Kilometer von Weimar entfernt, auf. Die „Allgemeine Thüringische Landeszeitung“ hatte hierüber berichtet.

9. März 1933

In Berlin, Magdeburg und im Rheinland blockieren SA-Männer vereinzelt jüdische Warenhäuser und Geschäfte. In Chemnitz zwingen SA und Stahlhelm jüdische Beamte zum Verlassen des Amtsgerichts; ähnliches geschieht in mehreren schlesischen Städten.In Kassel werden jüdische Ladenbesitzer gezwungen, ihre Geschäfte zu schließen, vor denen Nazis lautstarke Kundgebungen organisiert hatten. (Literatur: Avraham Barkai, Paul Mendes – Flohr u. Steven M. Lowenstein, Deutsch- jüdische Geschichte der Neuzeit. Vierter Band: 1918 – 1945, München 1997, S. 195f.)

Der Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens – die zahlenmäßig und politisch bedeutendste Organisation der deutschen Juden – veröffentlicht eine Meldung über ein Gespräch mit Minister Göring. Dieser habe zugesagt, dass die Sicherheit des Lebens und des Eigentums der jüdischen Staatsbürger, die sich der Regierung gegenüber loyal verhalten, gewährleistet werde. Anhaltspunkte für Zusammenhänge des Centralvereins mit kommunistischen und staatsfeindlichen Bestrebungen liegen lt. Göring nicht vor. (Literatur: Chronologie des Holocaust von  Knut Mellenthin)

Die Politische Polizei wurde aus der Inneren Verwaltung heraus gelöst. In Preußen ist  an diesem Tag öffentlich demonstriert worden. Die politische Polizei nahm ihren neuen Sitz im Karl-Liebknecht-Haus, der besetzten KPD – Zentrale. Offiziell gegründet wurde die Geheime Staatspolizei dann durch Gesetz vom 26. April 1933.(Literatur: Dams/Stolte “Die Gestapo, Herrschaft und Terror im Dritten Reich”)

In Chemnitz besetzen SA-Leute sowie andere Nazis und Mitglieder des “Stahlhelms-Bund der Frontsoldaten” Gerichtsgebäude und zwingen jüdische Beamte unter Anwendung von Gewalt zum Verlassen ihrer Amtsräume. Einige von ihnen werden in “Schutzhaft” genommen. Am Tag darauf ereignen sich ähnliche Vorfälle in Zweibrücken und in Kaiserslautern. (Literatur: Peter Longerich, Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung, München u. Zürich 1998, S. 29.

In Bayern wurde Heinrich Himmler am 9. März 1933  zum kommissarischen Polizeipräsidenten ernannt. In seinem Schlepptau stieg Reinhard Heydrich zum kommissarischen Leiter der dortigen Abteilung VI , der  Politischen Polizei auf.

In seiner Kölner Wohnung wird der Chefredakteur der „Rheinischen Post“ und frühere Reichsinnenminister Wilhelm Sollmann (SPD) von SA-Leuten mißhandelt. Wie andere Funktionäre der SPD und KPD wird er in Schutzhaft genommen, um „der Gefahr tätlicher Angriffe vorzubeugen“.

10. März 1933

Göring fordert in einer öffentlichen Rede in Essen zum Boykott jüdischer Geschäfte auf  und erklärte die Polizei sei “keine Schutztruppe für jüdische Warenhäuser”; Hierüber wird berichtet im “Völkischen Beobachter” am 12.3. /13.3., in der “Essener Nationalzeitung” am 11. und im “Angriff” am 11.3. 1933.

Der jüdische Bezirksbürgermeister von Berlin-Kreuzberg, Dr. Carl Herz (SPD), wird gewaltsam aus seinem Amt vertrieben. Die SA treibt den seit 1926 amtierenden Kommunalpolitiker zur “Belustigung” der Nazis und ihrer Anhängerschaft durch die York-, Möckern- und Bergmannstraße, um ihn schließlich in einem berüchtigten “Sturmlokal” in der Friedrichstraße 234 zu foltern. Dr. Herz emigriert 1939 nach England.   (Vgl. Juden in Kreuzberg. Fundstücke, Fragmente, Erinnerungen, hrsg. v. d. Berliner  Geschichtswerkstatt e. V.,  Berlin 1991, S. 371ff., bes. 381ff..)

Ein SA – Trupp marschiert auf vor der Berliner Börse, um den Rücktritt des jüdischen Börsenvorstandes zu verlangen. (Bericht des “Völkischen Beobachter” vom gleichen Tage) Das “Hamburger Tageblatt” veröffentlicht einen Aufruf unter der Überschrift “Kampf den jüdischen Warenhäusern !”   (Literatur: Ursel Hochmuth u. Gertrud Meyer, Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand, Frankfurt a. M. 1969, S. 203.)

München, der jüdische Rechtsanwalt Michael Siegel hatte einen verhafteten Juden vertreten, er wird barfuss durch die Innenstadt getrieben, er muss am Hals ein Schild tragen “Ich bin ein Jude, aber ich will mich nicht über die Nazis beschweren”, die Fotos gehen durch die Weltpresse.   (durch die Fotos wurde Rechtsanwalt Siegel weltbekannt als er in München von SA-Truppen von der Ettstraße, über die Kaufinger-/Neuhauserstraße über den Stachus und von dort über die Prielmayerstraße zum Hauptbahnhof getrieben wurde.)

Der Intendant der Vereinigten Theater von Breslau, Paul Barnay, wird von SA-Leuten entführt und schwer mißhandelt. Er muss sein Amt aufgeben.

Der Deutschlandkorrespondent des „Manchester Guardian“ berichtete: „Viele Juden wurden von den Braunhemden geschlagen, bis ihnen das Blut über Kopf und Gesicht strömte. Viele brachen ohnmächtig zusammen und wurden in den Straßen liegen gelassen bis sie von Freunden oder Bekannten aufgehoben und ins Krankenhaus gebracht wurden“. (Literatur:  Michael Wildt in „Als die Barberei begann“ im Tagesspiegel vom 28. März 2013)

11. März 1933

Lübeck, der jüdische “Lübecker Volksbote”-Redakteur Dr. Fritz Solmitz wird verhaftet und durch die Innenstadt getrieben, er muss am Hals das Schild “Jude” tragen (Dr. S. stirbt am 19.9.1933 an den in der Strafanstalt Fuhlsbüttel erlittenen Misshandlungen, die Verantwortlichen werden nie bestraft).

SA-Trupps unter der Leitung des Berliner SA – Führers Graf Helldorf dringen in das Urban-Krankenhaus in Berlin – Kreuzberg ein und verhaften jüdische Ärzte und Mitarbeiter. Mehrere der Verhafteten werden in “wilde Konzentrationslager” eingeliefert, z.B. in die Kaserne in der General – Pape – Straße. Zu den Opfern der SA gehören der ärztliche Direktor der Klinik, Prof. Dr. Zondek, und Dr. Leo Wiclicki.  Professor Zondek hat in der Vergangenheit unter anderem die Reichskanzler Gustav Stresemann und Hermann Müller, den Reichstagspräsidenten Paul Löbe, Angehörige der Verleger – Familien Ullstein und Mosse sowie den Schauspieler Fritz Kortner behandelt. Über seine “Amtsenthebung” berichtet er: “Inzwischen hatte sich im Nebenraum eine Art SA – Gericht konstituiert, vor das ich geführt wurde. Mein früherer Medizinalpraktikant Herr Kohn (mit ‚K’ geschrieben) saß da als einer meiner Richter. Sehr kurz und abrupt eröffnete man mir, das ich meiner Stelle als Direktor des Spitals entsetzt sei und dasselbe nicht mehr zu betreten habe.” Professor Zondek emigriert noch am selben Tag in die Schweiz.   (Literatur: Antifaschistischer Stadtplan Kreuzberg, hrsg. v. d. VVN Westberlin – Verband der Antifaschisten, , S. 14.)

In Breslau verprügeln SA-Leute einzelne Rechtsanwälte und Richter. Dabei dringen sie auch in Justizgebäude ein. Ein Augenzeuge, der jüdische Rechtsanwalt Ludwig Foerder, erinnert sich:   (Literatur: Testimony of Ludwig Foerder on Assaulting the Breslau Courts, March 1933: “It was on Saturday, 11 March 1933…. I was standing in the lawyers‘ chamber on the first floor of the courthouse and talking to one of my colleagues. Suddenly, it was exactly at 11 A.M., shouts like wild animals were heard in the hallways, rapidly coming nearer. The doors of the room burst open. Two SA men in brown shirts and caps entered, screaming: ‘Jews out!‘ At first everybody – Jews and Christians – were paralyzed. Then most Jewish lawyers left the room.”). In „Landgericht“ von Ursula Krechel wird das Geschehen (Seite 224 ff) erwähnt, allerdings unter dem Datum 1. April 1933

12. März 1933

Stadtverordnetenwahlen in Berlin. Die Einschüchterungen und tätlichen Übergriffe gegen die Mitglieder der KPD nehmen überhand, die letzten Reste der Bewegungsfreiheit  wurden der KPD genommen. Man erkannte deren Mandate ab. Die Funktionsträger wurden verhaftet, die Partei faktisch verboten.   (Literatur:  “Widerstand in Mitte und Tiergarten” von Hans-Rainer Sandvoß)

Am 12. März 1933 berichtet die „Niedersächsische Tageszeitung“: „Wie wir bereits berichteten, mussten gestern unter dem Druck der Volksmassen die jüdischen Grosskaufhäuser in Hannover ihre Pforten schließen. Diese Aktion geschah nicht auf Veranlassung irgendwelcher Parteistellen, sie war vielmehr der spontane Ausdruck des Massenwillens, der die Totengräber des deutschen Mittelstandes und des deutschen Gewerbetreibens beseitigt wissen will“.

13. März 1933

Der Gauleiter von Berlin Joseph Goebbels übernimmt das neu geschaffene Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Hitler und Goebbels bekannten sich bereits vorher  zu Propagandaprinzipien und der Primitivität der Wiederholungen. “Die Masse ist eine schwache, faule, feige Mehrheit von Menschen”, schrieb Goebbels am 13. März 1933 in sein Tagebuch. Um die Masse einer  einheitlichen und zentral gelenkten Meinungsführung zu unterwerfen, wurde gleich zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft das Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda gesetzlich verankert.

Klaus und Erika Mann haben Deutschland verlassen.   (Literatur: “Der Wendepunkt” von Klaus Mann, Bertelsmann Lesering 1960, Seite 285)Köln: Oberbürgermeister Dr. Konrad Adenauer (Zentrum) und 13 weitere Rhein-Provinz Bürgermeister werden amtsenthoben.

Köln: Oberbürgermeister Dr. Konrad Adenauer (Zentrum) und 13 weitere Rhein-Provinz Bürgermeister werden amtsenthoben.

Der Intendant der Städtischen Oper Berlin, Carl Ebert, wird von einer Abteilung der SA für abgesetzt erklärt und vom Berliner Oberbürgermeister Heinrich Sahm daraufhin für zwei Monate beurlaubt.

14. März 1933

Der erstaunlich willfährige Reichspräsident erklärte das Hakenkreuzbanner der NSDAP zum nationalen Hoheitszeichen (Der sogenannte “Flaggenerlaß”).

Martin Wagner wurde  zusammen mit den sozialdemokratischen Mitgliedern des Magistrats als Stadtbaurat durch die NS-Machthaber „beurlaubt“. Wagner war Architekt, baute in Berlin die „Lindenhof-Siedlung“, war Mitglied der SPD, Baustadtrat in Schöneberg und Stadtplaner. 1935 emigrierte er nach Istanbul, später in die USA. Literatur: „Das Gedächtnis der Stadt“;  Röblingstraße  Ecke Reglinstraße befindet sich eine Gedenktafel.

15. März 1933

Absetzung des bisherigen Berliner Magistrats. Der Führer der nationalsozialistischen Stadtverordnetenfraktion, Julius Lippert, wird zum Staatskommissar von Berlin ernannt.

Das Reichsinnenministerium weist die Länderregierungen an, die Zuwanderung von Ostjuden abzuwehren und nicht mehr einzubürgern.   (Literatur: Chronologiedes Holocaust von  Knut Mellenthin)

In den frühen Morgenstunden des 15. Februar kam es zu einer großangelegten Durchsuchungs- und Verhaftungsaktion in der Künstlerkolonie am Südwestkorso in Berlin. Die Künstlerkolonie wurde von Polizei und SA umstellt und abgeriegelt. Bis 15 Uhr wurden zahlreiche Wohnungen durchsucht. Wo nicht geöffnet wurde, drang die Polizei über Feuerwehrleitern in die Wohnungen ein. 14 Personen, unter ihnen Theodor Balk, Peter Martin Lampel, Günther Ruschin, Manès Sperber, Curt Trepte und Wlter Zadek, wurden festgenommen. Eine unbekannte Anzahl ausländischer Staatsangehöriger, die sich nicht ausweisen konnten, wurden zur Personenfeststellung auf das Polizeipräsidium gebracht. Mehrere Lastwagen voller Akten wurden beschlagnahmt, ebenso wie zahlreiche Waffen. Literatur, die die Nationalsozialisten für kommunistisch oder marxistisch hielten wurde auf den Laubenheimer Platz geschafft und verbrannt. Zahlreiche Bewohner der Künstlerkolonie, wie Ernst Bloch, Ernst Busch, Axel Eggebrecht, Walter Hasenclever, Peter Huchel, Alfred Kantorowicz, Arthur Koestler, Susanne und Wolfgang Leonhard, Gustav Regler, Günter Ruschin, Manès Sperber, Steffie Spira-Ruschin, Erich Weinert,  Walter Zadek und Hedda Zinner verließen noch 1933 Deutschland. Andere organisierten – trotz der Gefahren, die die Großrazzia vom 15. März 1933 verdeutlicht hatte – den polotischen Widerstand.   (Die Künstlerkolonie Berlin ist eine Wohnsiedlung im Süden des Berliner Ortsteils Wilmersdorf in südöstlicher Fortsetzung des Rheingauviertelsan der Grenze zu den Ortsteilen Friedenau und Steglitz. Sie wird begrenzt durch den Südwestkorso, die Laubenheimer und die Kreuznacher Straße sowie dem Steinrückweg. Das Zentrum der Künstlerkolonie bildet der Ludwig-Barnay-Platz. Die Siedlung wurde von den damaligen Interessenvertretungen der Künstler und Schriftsteller ab 1927 errichtet. Beginnend mit dem Wahlkampf für die Reichstagswahl 1930 wurden die Bewohner der Künstlerkolonie Ziel nationalsozialistischer Provokationen und Übergriffe. Es wurde zu dieser Zeit gefährlich, abends alleine den Heimweg vom nahe gelegenen U-Bahnhof Breitenbachplatz anzutreten. Bald reichte auch eine Verabredung und der Schutz einer Gruppe nicht mehr aus. Die Bewohner der Künstlerkolonie gründeten deshalb einen Selbstschutz, der als bewaffneter Geleittrupp im Konvoi-System von bestimmten späten U-Bahn-Zügen die Bewohner abholte und nach Hause begleitete. Etwa 400 der rund 1000 Bewohner der Künstlerkolonie beteiligten sich am organisierten Selbstschutz.) In der Grünanlage befindet sich an der Seite zur Bonner Straße ein Findling mit eingelassener Tafel „Mahnmal für die politisch Verfolgten der Künstlerkolonie“

16. März 1933

Leo Krell wurde am 16. März 1933 auf dem Lausitzer Platz in der Nähe seiner Wohnung verhaftet. Er hatte bei der zu diesem Zeitpunkt bereits verbotenen kommunistischen Zeitung »Berlin am Morgen«, die von Bruno Frei als Chefredakteur geleitet wurde, volontiert. Nach den ersten Folterungen in einem Kreuzberger SA-Lokal kam er noch am Tag der Verhaftung in das SA-Gefängnis Papestraße. Vier Tage später wurde er von der SA-Feldpolizei (die Feldpolizei war eine Elite-Einheit der SA mit Merkmalen schwerer Misshandlungen ins Staatskrankenhaus der Polizei gebracht. Dort starb er am 21. März 1933. Seinen Tod meldete die Exilzeitung »Unsere Zeit« am 15. April 1933 unter der Überschrift »Chronik des Terrors«.In Mannheim stürmt die SA jüdische Kaufhäuser, nachdem eine von ihr aufgehetzte Menge in Sprechchören lautstark ihre sofortige Schließung gefordert hatte.   (Literatur: Avraham Barkai u.a., Deutsch-jüdische Geschichte der Neuzeit, S. 196.)

Reichsbankpräsident Hans Luther tritt zurück. Zu seinem Nachfolger wählt der Generalrat Hjalmar Schacht. Die Absetzung Luthers entspricht den Wünschen der von Adolf Hitler geführten Reichsregierung. Luthers Politik der Währungskonsolidierung steht im Widerspruch der von Hitler geforderten Ausweitung der Staatsverschuldung, durch die der Kanzler die geplante Aufrüstung finanzieren will.

In Mannheim stürmt die SA jüdische Kaufhäuser, nachdem eine von ihr aufgehetzte Menge in Sprechchören lautstark ihre sofortige Schließung gefordert hatte. (Literatur: Avraham Barkai u.a., „Deutsch-jüdische Geschichte der Neuzeit“, S. 196.)

 

17. März 1933

Alle Mitglieder der Sektion Dichtkunst bei der Preußischen Akademie der Künste wurden aufgefordert, gegenüber der nationalsozialistischen Regierung eine Treueerklärung abzugeben, Thomas Mann erklärte mit einem Schreiben an den Akademie-Präsidenten Max von Schillings vom 17. März 1933 seinen Austritt. Von der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 blieben Manns Werke verschont, nicht aber die seines Bruders Heinrich Mann und seines Sohnes Klaus Mann.

18. März 1933

Anordnung der Stadtverwaltung Berlin vom 18.3.1933, also vor dem Gesetz vom 7.4.1933, dem “Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentum” :“Jüdische Anwälte und Notare dürfen in Zukunft nicht in Rechtsangelegenheiten der Stadt Berlin tätig sein.”   (Literatur: “Orte des Erinnern, das Denkmal im Bayerischen Viertel”, eine von 80 Gedenktafeln. Hier:   Wartburgstraße 17)

In der Hedemannstraße in Berlin- Kreuzberg wird der aus einer jüdischen Familie stammende, achtzehnjährige Bäckerlehrling Siegbert Kindermann von SA-Leuten zu Tode geprügelt, weil er im Jahr zuvor Nazis angezeigt hatte, die ihn auf offener Straße überfallen hatten.   (Literatur: Antifaschistischer Stadtplan Kreuzberg, a,a,O., S. 15 u. Hans-Norbert Burkert, Klaus Matußek u. Wolfgang Wippermann, “Machtergreifung” Berlin 1933, Berlin 1982, S. 113.)

20. März 1933

Der Film “Der Blaue Engel”, mit triumphalen Erfolgen seit 1930 in Wien, London, Paris und schließlich auch in den USA wurde vom Innenministerium des NS-Regimes verboten.

Der Arbeitsgerichtspräsident Depène ist von den Mitarbeitern des Arbeitsgericht gedrängt worden fünf missliebige Richterkollegen, die Juden oder jüdischer Herkunft waren, vom Dienst zu suspendieren. Am 20. März 1933 schrieb er an die Privatanschriften der Richter, ohne formelle Anrede, mit dem Zusatz „Geheim“: „Die NS-Arbeitsgemeinschaft, die NS-Betriebszelle und der Beamtenausschuss des Arbeitsgerichts haben gebeten, Ihnen mit Rücksicht auf die geänderten Zeitumstände nahezulegen, bis zur Klärung Ihre Beurlaubung zu beantragen. Diese Organisationen gehen davon aus, dass es nicht angängig ist, das in einem nationalen Deutschland fremdblütige Menschen zu Gericht sitzen, besonders nicht beim Arbeitsgericht, da über das Schicksal der Ärmsten, die ihre Stellung eingebüßt haben, entschieden wird“.(Literatur: „Jüdische Richter in der Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit 1933“ von Hans Bergemann)

21. März 1933  (Der Tag von Potsdam)

Erste Eröffnung des Reichstages am 21. März, dem Jahrestag der Reichstagseröffnung durch Bismarck 1871, in der Potsdamer Garnisonkirche. Die KPD (4.848.058 Stimmen am 5. März mit 81 Sitzen) war verboten (siehe: 8. und 12. März 1933), die Gesamtzahl der verbliebenen Mandate war nur noch 566, die 2/3 Mehrheit auf 378 Stimmen gesunken.

Konzentrationslager  (KZ) Oranienburg wird errichtet. (Der Vorgänger von Sachsenhausen). Razzien von Polizei, SA und SS. Verhaftete Juden, Kommunisten und Sozialisten  werden häufig  in “wilde KZ’s” gebracht.

Am 21. März nahm die Oranienburger SA-Standarte 208 in der Stadt und in den umliegenden Gemeinden vierzig Kommunisten gefangen. Diese wurden als erste Gefangene in die verlassenen Räume einer ehemaligen Brauerei in der Berliner Straße in Oranienburg gebracht. Das Gelände der Alten Brauerei befand sich in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum, die Berliner Straße war damals eine belebte Ausfallstraße nach Berlin.  

Die “Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 ging mit Staatsverbrechen einher, denen mit dem Verlust an Menschlichkeit, Zivilisation und Kultur Millionen von Menschen zum Opfer fallen sollten. In der spontanen Gründerwelle wurde ein flächendeckendes Netz von Lagern errichtet, wobei vorhandene Gefängnisse, Lager, Klöster und Fabriken umfunktioniert wurden. Das Konzentrationslager Oranienburg ist eine der Einrichtungen in dieser ersten Phase der Verbrechen.

immer noch am 21. März 1933:

Berlin, Boykott jüdischer Geschäfte u. a. in der Potsdamer Straße, Hauptstraße, Rheinstraße, Wittenbergplatz. (Boykott zur Probe)

Der bayerische Ministerpräsident Dr. Held unterschreibt den Befehl zur Gründung eines “Schutzhaftlagers” im Dachauer Moor. Das erste Konzentrationslager wird damit in Bayern amtlich geschaffen. Helds Anweisung ist gegengezeichnet vom Münchener kommissarischen Polizeipräsidenten, Heinrich Himmler. Das Konzentrationslager  hat ein Volumen für 5.000 Menschen. Allein in Bayern werden innerhalb weniger Tage über 10.000 Menschen, Kommunisten und Sozialdemokraten, verhaftet. Die  „Münchner Neueste Nachrichten“ veröffentlichen hierzu am 21. März 1933:

  • In einer Pressebesprechung teilte der kommissarische Polizeipräsidenten von München, Himmler, mit: Am Mittwoch wird in der Nähe von Dachau das erste Konzentrationslager eröffnet. Es hat ein Fassungsvermögen von 5000 Menschen. Hier werden die gesamten kommunistischen und  -soweit notwendig-  Reichsbanner- und marxistischen Funktionäre, die die Sicherheit des Staates gefährden, zusammen  gezogen, da es auf die Dauer nicht möglich ist, wenn der Staatsapparat nicht so sehr belastet werden soll, die einzelnen kommunistischen Funktionäre in den Gerichtsgefängnissen zu lassen. Bei einzelnen versuchen, die wir gemacht haben, war der Erfolg der, dass sie weiter hetzen und zu organisieren versuchen. Wir haben diese Massnachme ohne jede Rücksicht auf kleinliche bedenken getroffen in der Überzeugung, damit zur Beruhigung der nationalen Bevölkerung und in ihrem Sinn zu handeln. (Literatur: „Der Ort des Schreckens“ von Wolfgang Benz)

Der Landesverband Mittelrhein der DNVP schreibt an die Hauptgeschäftsstelle der Partei in Berlin, die wegen der angeblichen “jüdischen Abstammung” eines Arztes, der Mitglied der Deutschnationalen werden möchte, entsprechende Ermittlungen angestellt hatte: “Dr. Hans Wassermeyer ist nicht Jude. Die Familie Wassermeyer ist eine alte christliche Familie Bonns. Auch die Mutter des Dr. Hans Wassermeyer entstammt einer alten christlichen Familie. Somit sind die Vermutungen betr. jüdischer Abstammung des Herrn Dr. Hans Wassermayer absolut irrig. Wie ich allerdings heute festgestellt habe, ist Dr. Hans Wassermeyer, also der Sohn unseres Justizrates Wassermeyer, mit einer Frau verheiratet, deren Vater getaufter Jude ist.”

Am 21. März 1933 verhaftete die SA-Feldpolizei Fränkel, Arzt und Psychologe, in seiner Wilmersdorfer Wohnung und inhaftierte ihn im Gefängnis Papestraße. Während er dort von den SA-Leuten schikaniert und geprügelt wurde, begegnete er dem durch Misshandlungen schwer gezeichneten Mithäftling und Arztkollegen Arno Philippsthal, der kurz darauf seinen Verletzungen erlag. Fränkel konnte am 23. März das SA-Gefängnis verlassen. Er flüchtete sofort in die Schweiz, der ersten Station seines Exils, das ihn über Frankreich und Spanien, wo er für die Internationalen Brigaden als Arzt tätig war, schließlich nach Mexiko führte. Dort starb Fränkel am 21. Juni 1944.Auszug aus einem Brief des Dr. Fritz Fränkel  an die Gesandtschaft des Deutschen Reiches in Bern, wohin er mit seiner Familie geflohen ist:“Am 21. dieses Monats wurde ich von einer Berliner SA – Truppe verhaftet. Es erfolgte eine Haussuchung, bei welcher Akten über Patienten… mitgenommen wurden. Schon in dem ersten SA-Heim wurde ich schwer misshandelt, und zwar mit Peitschen und Gummiknüppeln. Mit einem Riemen erhielt ich einen heftigen Schlag gegen das linke Auge, das jetzt noch blutunterlaufen ist. Es erfolgte die Überführung in eine größere SA – Kaserne in der General – Pape – Straße in Berlin – Schöneberg… Hier wurden die Misshandlungen in grausamer Weise wiederholt. Ich wurde auf eine Holzbank gelegt und der entblößte Rücken so geschlagen, dass das Hemd später klebte. Dann wurde mir…Anzug und Mantel weggenommen. Ich wurde in eine verdreckte Joppe und zerrissene Hose gesteckt. (Ausspruch eines SA-Mannes: Wir haben den Lokus damit gereinigt.)… Die Misshandlungen wiederholten sich die ganze Nacht über, man goss mir, während ich einen anderen fast zu Tode geprügelten Arzt (Dr. Philippsohn aus Biesdorf bei Berlin) untersuchen musste, einen Eimer mit Wasser über den Kopf. Dann erhielt der Schwerverletzte einen Eimer extra. Ich war dauernd wüsten Beschimpfungen ausgesetzt, musste z.B. ständig erklären: Ich bin ein stinkender Jude. Abgesehen von dem persönlichen Leid wirkte schwer auf mich, dass ich die fortgesetzten Misshandlungen von anderen mir unbekannten Menschen mit ansehen musste. Da wurde einem Gefangenen die Haut unter den Fußsohlen mit Feuer abgebrannt, zuerst mit der Zigarette, dann mit Streichhölzern, dann mit einer Papierfackel…Man gab dem vorher erwähnten Arzt schweißige Socken zu kauen. Während der Schreie der Gepeinigten wurde im ersten Stock gesungen und Harmonika gespielt. Am nächsten Tage musste ich trotz heftigster Schmerzen ca. eine Stunde exerzieren, (an einem Kellergang) – Laufschritt, Kniebeugen, Wendungen… Bei der Entlassung wurde mir gedroht, falls ich meine Praxis wieder aufnehmen würde, würde ich am nächsten Tage verschwinden und nicht wieder zum Vorschein kommen. Ferner musste ich mich schriftlich verpflichten, in kürzester Zeit Deutschland zu verlassen und nicht wiederzukehren (auf dem Schein steht: endgültig). Ich fuhr daher Hals über Kopf mit meiner Frau und dem 3 jährigen Kinde in die Schweiz.”(Anmerkung: Dr. Fränkel war im 1. Weltkrieg Frontarzt und hatte das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen bekommen.)

22. März 1933

In Berlin wird der von der SPD gestellte langjährige Reichstagspräsident Paul Löbe verhaftet, mit ihm auch andere leitende Mitarbeiter der SPD.  Löbe ist bis Anfang Juli 1933 im Berliner Gefängnis am Alexanderplatz und in Spandau, dann bis Mitte August im KZ Breslau-Dürrgoy, dann bis Ende Dezember im Gefängnis Berlin-Alexanderplatz.   (Literatur: Philip Metcalfe “Berlin 1933, Lebensläufe zu Beginn des Nationalsozialismus”. Paul Löbe hatte 1925 dem Reichspräsidenten Hindenburg den Amtseid abgenommen. Löbe ist Ehrenbürger von Berlin. An seinem Wohnhaus Rubensstraße 118 befindet sich eine Gedenktafel. )

Das “Hamburger Schauspielhaus” entlässt alle jüdischen Künstlerinnen und Künstler. Bald darauf folgen alle anderen Theater in der Hansestadt diesem Beispiel.   (Literatur: Ursel Hochmuth u. Gertrud Meyer, Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand, Rosa-Luxemburg-Stiftung –Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung – Seminarmaterialien).

23. März 1933

2. Sitzung des Reichstages (in der Kroll – Oper). 2 Tage nach dem „Tag von Potsdam“ „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich”  (Ermächtigungsgesetz).Die Regierung wird ermächtigt, vier Jahre lang, alle  Aufgaben durchzuführen, die bisher allein dem Reichstag als der gewählten Volksvertretung vorbehalten waren. In den fünf Abschnitten des kurzen Gesetzes wird der Reichsregierung die Befugnis übertragen:

1. Gesetze zu erlassen

2. den Reichshaushalt selbst zu kontrollieren

3. Verträge mit fremden Staaten abzuschließen

4. Verfassungsänderungen zu beschließen

5. alle diese Regierungsvollmachten unmittelbar dem Reichskanzler zu                     übertragen.

Das Zentrum und  die Staatspartei stimmen dem Ermächtigungsgesetz zu. Es gilt auf 4 Jahre und gibt der Regierung alle Handlungsfreiheit. Es wird mit Vier-Fünftel-Mehrheit angenommen, nur die SPD stimmt dagegen. Jetzt sind wir auch verfassungsmäßig die Herren des Reiches., schrieb Goebbels. (Literatur: “Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei” von Dr. Joseph Goebbels, Eine historische Darstellung in Tagebuchblättern, Zentralverlag der NSDAP, 1937)

Ausweislich des amtlichen Protokolls wurden insgesamt 538 gültige Stimmen abgegeben, 94 Abgeordnete stimmten mit nein. Alle anderen Abgeordneten (insgesamt 444) stimmten für das Gesetz. Entweder geschah dies aus Überzeugung oder aus Sorge um ihre persönliche Sicherheit und die Sicherheit ihrer Familien, aber auch weil sie sich dem Fraktionszwang ihrer Partei beugten. Prominente Beispiele für die letzte Gruppe waren der spätere Bundespräsident Theodor Heuss (Deutsche Staatspartei), der spätere Bundesminister und CDU-Politiker Ernst Lemmer und der erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg Reinhold Maier (DStP). Als Hermann Göring das Abstimmungsergebnis bekannt gab, stürmten die NSDAP-Abgeordneten nach vorn und sangen das Horst-Wessel-Lied.

23. März 1933 (siehe auch 1. März und “Im Juni 1933)

Schreiben des Vorstand der Deutschen Studentenschaft an das preußische  Ministerium für  Wissenschaft, Kunst und Volksbildung:

“Sehr geehrter Herr Professor Achelis. Die Studentenschaft der technischen Hochschule in Hannover macht uns darauf aufmerksam, dass der Privatdozent für Philosophie, Herr Dr. Theodor Lessing, immer noch nicht beamteter, außerordentlicher  Professor an der Technischem Hochschule in Hannover ist. Professor Lessing hält zur Zeit keine Vorlesungen, sondern hat einen Forschungsauftrag vom Ministerium erhalten. Die Studentenschaft der Technischen Hochschule hat an den Vorstand der Deutschen Studentenschaft die Bitte gerichtet, in ihrem Namen beim preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vorstellig zu werden, dass die Vorfälle, die zu dem Kampf der Studentenschaft der Technischen Hochschule Hannover gegen Professor Dr. Lessing führten, nochmals einer Untersuchung unterzogen werden, mit dem Ziel Professor Dr. Lessing endgültig aus seinem Amte zu entfernen. Der Vorstand der Deutschen Studentenschaft macht darauf aufmerksam, dass im Vorlesungsverzeichnis 1932 Professor Lessing  noch immer als Mitglied des Lehrkörpers der Hochschule aufgeführt wird. Die Deutsche Studentenschaft darf der  Erwartung Ausdruck geben, dass durch die Entfernung Professor Dr. Lessing’s aus dem Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover der Öffentlichkeit gegenüber dokumentiert wird, dass der Kampf, den die Studentenschaft für die Reinerhaltung der Hochschule geführt hat, nunmehr unter einer nationalen Regierung auch die Unterstützung des Staates findet.   . . . “ (Literatur: Akademie der Künste: “Das war ein Vorspiel nur” , Seite 36)

Max Ebel wird bei der Besetzung der Geschäftsstelle der Ambulatorien in der Alexanderstraße von der SA verhaftet, inhaftiert in der General-Pape-Straße, und ist dort kurz danach unter ungeklärten Umständen gestorben. (Literatur: Internet, Ausstellung über das SA-Gefängnis General-Pape-Straße)

24. März 1933

“Ich bringe als ersten Gesetzentwurf die Erklärung des 1. Mai zum nationalen Feiertag des deutschen Volkes durch und werde vom Kabinett mit seiner Durchführung betraut. Wir werden das in größtem Rahmen aufziehen und zum ersten mal das ganze deutsche Volk in einer einzigen Demonstration zusammenfassen. Von da ab beginnt dann die Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften. Wir werden nicht eher Ruhe bekommen, bis sie restlos in unserer Hand sind.” (Literatur: Aus den Tagebüchern von Goebbels) (siehe auch 2. Mai mit dem Geheimdokument vom 21. April)

24. März 1933

In Duisburg wird der jüdische Inhaber eines Polstermöbelgeschäftes von SA Leuten und einem seiner Konkurrenten zusammengeschlagen und anschließend in “Schutzhaft” genommen. (Literatur: Avraham Barkai u.a., Deutsch – jüdische Geschichte der Neuzeit, , S. 196.)Erik Jan Hanussen war das Pseudonym von Hermann Steinschneider, der in Wien geboren wurde. Seit seiner Jugend als Wanderkomödiant und Varietékünstler tätig. In einer okkultistischen Sitzung am 26. Februar 1933, bei der unter anderem sein Bekannter Graf Helldorf, der damalige Berliner SA-Führer, anwesend war, »prophezeite« Hanussen den Reichstagsbrand, der am Abend des nächsten Tages gelegt wurde. Am 24. März wurde Hanussen in seiner Wohnung verhaftet und in das Gefängnis Papestraße gebracht. Zwei Wochen später wurde sein Leichnam in einem Waldgebiet südlich der Berliner Stadtgrenze gefunden. Aus den Unterlagen des früheren Berlin Document Center geht hervor, dass Graf Helldorfs Nachfolger, der SA-Führer Karl Ernst, den Befehl zur Ermordung von Hanussen gegeben hatte

25. März 1933

SA-Kolonnen aus Heilbronn brechen in Häuser jüdischer Bewohner Niederstettens sowie in die Synagoge in Creglingen ein und misshandeln ihre in die örtlichen Rathäuser verschleppten Opfer.  Zwei Juden werden dabei getötet: der 67jährige Hermann Stern und der 53-jährige Arnold  Rosenfeld. (Literatur: Saul Friedländer, Das Dritte Reich und die Juden. Die Jahre der       Verfolgung 1933 – 1939, München 2000, S. 54.)

Die New York Times berichtet auf ihrer Titelseite der Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, dem 60.000 Mitglieder angehören, habe eine Erklärung herausgegeben, der zufolge die Berichte über von Nazis an Juden verübte Gräuel „reine Erfindung“ seien. Dass es Antisemitismus in Deutschland gebe, hieß es in der Erklärung, sei zwar besorgniserregend, aber eine innerstaatliche Angelegenheit. „Wir sollten einen energischen Standpunkt gegenüber all denen einnehmen, die auf kriminelle Weise versuchen, die Gestaltung von Deutschlands Zukunft durch ausländische Zeitungen zu beeinflussen“. (Literatur: „Menschen Rauch“ von Nicholson Baker)

26. März 1933

Der Generalsuperintendent Otto Dibelius kritisiert in der Zeitung “Der Tag”, die den Deutschnationalen nahe steht, dass der anglikanische Bischof von New York, Dr. Manning, die antisemitischen Aktionen in Deutschland verurteilt habe: “Wie kommt ein anglikanischer Bischof in Amerika dazu, sich zum Schützer des Judentums in Deutschland zu machen? (Literatur: Ernst Klee, “Die SA Jesu Christi”, S. 27.)

von der Schutzwache des SA-Sturmbannes III-102 (Dresden) wurde die Gemeinde Hainewalde / Sächische Schweiz  besetzt, welche für politische Gefangene ein provisorisches Konzentrationslager einrichtete, in dem zwischen 450 und 1.000 Häftlinge eingekerkert und misshandelt wurden, unter ihnen die Juden besonders. Bereits am 28. März 1933 trafen die ersten Gefangenentransporte ein. Am 10. August 1933 wurde das KZ Hainewalde wieder aufgelöst. Inhaftiert war hier auch für kurze Zeit Axel Eggebrecht. (Literatur: Axel Eggebrecht: “Der halbe Weg, Zwischenbilanz einer Epoche”)

27. März 1933

Kassel, Rechtsanwalt Dr. Max Plaut wird zu Tode geprügelt. (Literatur: Zur Vertreibung und Vernichtung der deutsch-jüdischen Bevölkerung   Nordhessens in der Zeit der NS-Diktatur von Dietfrid Krause-Vilmar: „Am 24. März 1933 abends holten SA-Leute Plaut aus seinem Büro und führten ihn durch die Straßen in das SA-Lokal Bürgersäle in der Oberen Karlsstraße. Nach stundenlangen Mißhandlungen in den Kellern dieser Wirtschaft wurde er schwerverletzt in seine Wohnung in der Wilhelmshöher Allee geschafft. Dort starb er eine Woche später, am 31. März 1933. Seine Frau durfte erst nach der Beerdigung in den “Kasseler Neuesten Nachrichten” den Tod ihres Mannes anzeigen. Kurz darauf verließ sie mit den drei Kindern Deutschland und wanderte in die Schweiz aus“.)

27. März 1933

Eine Woche vor dem offiziellen Boykott vom 1. April ging die gesamte Parteipresse zu einer massiven und konzentrierten antijüdischen Kampagne über; alle Aufmacher waren darauf zugeschnitten. Im Vordergrund stand die Behauptung, gegen die neue deutsche Regierung ergieße sich eine weltweite “jüdische Gräuelhetze”; angesichts dieser Welle sei der geplante Boykott jüdischer Geschäfte in Deutschland eine legitime Gegenmaßnahme. (Literatur: Im “Völkischen Beobachter” und im “Angriff” erschienen Schlagzeilen wie “Der Kampf gegen die Gräuelpropaganda”, “Angriff gegen die Lügenjuden”,  “Boykott! Wir nehmen den Kampf auf”. Ähnlich titelte auch der       “Westdeutsche Beobachter”.)

27. März 1933

Käthe, Katja Niederkirchner wird erstmals verhaftet und anschließend aus Deutschland ausgewiesen, da sie wegen der donauschwäbischen Herkunft ihres Vaters immer noch die ungarische Staatsbürgerschaft hatte. Sie folgte ihrer Familie in die Sowjetunion. In Moskau konnte sie endlich studieren und wurde Sprecherin in den deutschen Sendungen von Radio Moskau. Am 7. Oktober 1943 sprang sie zusammen mit Theodor Winter (Schwiegersohn von Wilhelm Pieck) über Polen ab, um Kontakte zu Widerstandkämpfern in Deutschland herzustellen. Sie wurde von der Gestapo gefasst und in der Nacht vom 27. zum 28. 9.1944 in Ravensbrück erschossen. Literatur: „Das Gedächtnis der Stadt“, am Haus Pappelallee 22 in Prenzlauer Berg ist eine Erinnerungstafel, in diesem Hause wurde sie 1909 geboren

28. März 1933

Die “Frankfurter Zeitung” schreibt unter dem Titel “Auf falschem Wege”: “Wenn die Juden verschiedener großer Länder sich der Hoffnung hingeben sollten, durch die Entfaltung irgendwelcher deutschfeindlicher Propaganda den deutschen Juden zu Hilfe kommen zu können, so müssen wir ihnen sagen, dass sie dabei viel Schaden, aber keinen Nutzen anrichten werden . . .” (Literatur: Peter Longerich “Davon haben wir nichts gewusst”, Seite 61)

28. März 1933

Von 18 Uhr an marschieren ca. 200 SA-Männer durch Göttingens Hauptgeschäftsstraßen und demolieren dabei die Schaufensterscheiben jüdischer Geschäfte. Einzelne Juden werden verprügelt. In der Nacht kommt es zu Plünderungen. Auf Bürgersteigen werden judenfeindliche Parolen wie “Itzig verrecke” und “Du wirst erschossen” gepinselt. Der jüdische Besitzer einer Viehhandlung, Gustav Neuhaus, wird auf einem seiner Schlachterwagen grölend durch die Stadt gezogen.  Während der Fahrt werden auch andere jüdische Geschäftsleute gezwungen, auf den Wagen aufzusteigen. Schließlich dringt der Mob auch in die Göttinger Synagoge ein und beschädigt die Inneneinrichtung sowie ein Glasfenster. An diesen Ausschreitungen beteiligen sich neben Nazis auch “ganz normale Bürger” und vereinzelt auch Kinder und Jugendliche.

29. März 1933

Die Stadt Breslau kündigt die Arbeitsverträge mit insgesamt 28 jüdischen Ärzten, die in kommunalen Krankenhäusern tätig sind. Die Entlassungen treten am 8.4. bzw. am 30.6.1933 in Kraft. (Literatur: Andreas Reinke, Stufen der Zerstörung: Das Breslauer Jüdische Krankenhaus während des Nationalsozialismus, in: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte, Bd. 5, 1994, S. 386.)

30. März 1933

Die NSDAP sendet ein Rundschreiben heraus, das es jeder Ortsgruppe der NSDAP zur Pflicht macht ein Aktionskomitee “zur praktischen, planmäßigen Durchführung des Boykotts jüdischer Geschäfte, jüdischer Waren, jüdischer Ärzte und jüdischer Rechtsanwälte” zu bilden. (Literatur: Tagesspiegel, 14. Sept. 2008: “Die letzte Hoffnung” Seite S 7)

Auch das katholisch orientierte “Bamberger Volksblatt” greift die vermeintlich ausländische Hetze gegen Deutschland  mit der Überschrift “Schluss mit der Gräuelpropaganda” auf und schrieb: “Alle diejenigen in Deutschland, denen es ernst mit ihrem Willen ist, am nationalen Aufbauwerk nach Kräften mitzuarbeiten, stehen geschlossen hinter der Regierung, wenn sie jetzt daran geht, der giftigen Schlange der Verleumdung den Kopf zu zertreten”.

31. März 1933

Die 81 Mandate der Kommunisten werden formell storniert. Schon vorher sind den Abgeordneten der Zutritt zu allen Sitzungen verwehrt worden.

31. März 1933

“Jüdische Richter werden beurlaubt”. (AnO des Reichskommissars der Preußischen Justiz vom 31.3.1933: “Jüdische Richter und sonstige jüdische Juristen, welche bei Gerichten beschäftigt sind, werden zwangsweise beurlaubt. Das Betreten der Gerichtsgebäude ist ihnen verboten.”) (Literatur: “Orte des Erinnern, das Denkmal im Bayerischen Viertel”, eine von 80   Gedenktafeln. Hier:   Wartburgstraße 17)

31. März 1933

Karstadt entlässt in Berlin alle jüdischen Angestellten. Deshalb wird im Gegensatz zum KaDeWe und den Häusern des Tietz – Konzerns das Kaufhaus am Hermannplatz in Berlin-Neukölln vom antijüdischen Boykott des kommenden Tages nicht betroffen sein. (Literatur: Johannes Ludwig, Boykott – Enteignung – Mord, S. 113.)

31. März 1933

Eine große Menschenmenge, bestehend aus SA-Leuten, erscheint vor den Gebäuden des Landgerichts I und des Amtsgerichts in Berlin-Mitte in der Neuen Friedrich- und Grunerstraße und verlangt lautstark die Entlassung aller jüdischen Richter und Beamte sowie die Entfernung jüdischer Rechtsanwälte aus den Gerichtsverhandlungen. (Literatur: Hans-Norbert Burkert, Klaus Matußek u. Wolfgang Wippermann, “Machtergreifung” Berlin 1933.)

31. März 1933

Jüdische Anwälte und Richter werden von SA-Leuten am Betreten der Gerichtsgebäude Berlins gehindert.

31. März 1933

“Nach dem 1.4.1933 entstandene Kosten für die Behandlung bei einem jüdischem Arzt werden von der städtischen Krankenversicherungsanstalt nicht mehr erstattet.” (Literatur: “Orte des Erinnern, das Denkmal im Bayerischen Viertel”, eine von 80         Gedenktafeln. Hier:   Bayerischer Platz 3)

31. März 1933

Am 31. März machten Hitler und sein Reichsinnenminister Wilhelm Frick zum ersten Mal Gebrauch von dem vor einer Woche beschlossenen Ermächtigungsgesetz und erließen ein Gesetz zur Auflösung der Landtage aller Länder, Reichsstatthalter werden eingesetzt. Sie ordneten an neue Landtage ohne vorherige Wahlen zusammen zu stellen. Bereits am 7. April   …   siehe dort

31. März 1933

Aus dem “Schutzverband deutscher Autoren” wurden u.a. ausgeschlossen:

Rudolf Arnheim                                     Axel Eggebrecht

Lion Feuchtwanger                                Magnus Hirschfeld

Dr. Erich Kästner                                  Alfred Kerr

Egon Erwin Kisch, Güntzelstr. 3,            Peter Martin Lampel

Willi Münzenberg,

Im März 1933

Die damals noch intakten Kirchenleitungen waren anlässlich des Judenboykotts und des “Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums” sowie seiner Begleitgesetze gegen jüdische Rechtsanwälte und Ärzte  in dieser Frage gefordert. Appelle und Anfragen aus dem kirchlichen Ausland sowie von zahlreichen Mitgliedern über Menschenrechtsverletzungen dürfen nicht widerspruchslos hingenommen werden. Doch die Kirchenleitungen konnten sich nicht zu Stellungnahmen durchringen. Die Zusammenarbeit mit der vermeintlich so kirchenfreundlichen nationalen Regierung wollte man nicht belasten. Die ausländische Kritik löste vielmehr patriotische Abwehrreaktionen aus. Dibelius‘ Rundfunkrede nach Amerika vom 4. April (siehe dort) ist dafür ein Zeugnis. Die Gründe für das beschämende Schweigen der Kirche lagen jedoch tiefer.

Im März 1933

Max Seydewitz, 1931 Mitbegründer der SAP, Sozialistische Arbeiterpartei, emigrierte. (Literatur: “Gestohlenes Leben” von Susanne Leonhard, Seite 33. Seydewitz: 19. Dezember 1892 in Forst (Lausitz); † 8. Februar 1987 in Dresden) war sozialistischer Politiker und 1950/1952 Ministerpräsident von Sachsen.

31. März 1933

Am Vorabend des Boykotts jüdischer Geschäfte hatte der Propagandaminister Goebbels in einer gehaltenen Rede, so schreibt die      Presse, “mit Recht an die Schamlosigkeiten der Tucholsky und Toller     erinnert, die schmähten und besudelten, was dem Deutschen heilig ist”.

Im März 1933

Den Aktionen der SA-Feldpolizei fielen manchmal auch Denunzierte zum Opfer. So wurde etwa Gerhard Rosenbaum zusammen mit seinem jüdischen Vater, einem Hausverwalter aus Schöneberg, im März 1933 aufgrund von Beschuldigungen eines Hausbewohners verhaftet und ins Gefängnis Papestraße gebracht. Arno Philippsthal,  ein in Biesdorf niedergelassener jüdischer Arzt, kam im gleichen Monat, vermutlich       ebenfalls aufgrund einer Denunziation, in die Haftkeller der SA-Feldpolizei. Der junge Rosenbaum und Arno Philippsthal (Dr. Arno Philippsthal wurde von den Nazis der ärztlichen Hilfeverweigerung beschuldigt. Diese Anschuldigung soll als vorwand für seine Verschleppung in die SA-Kaserne General-Pape-Straße  am 21.3. 1933 gedient haben. Am 3. April erlag er den erlittenen Folterungen. An seinem Wohnhaus, Marzahn, Oberfeldstr. 10 befindet sich eine Gedenktafel) starben beide an den dort erlittenen Misshandlungen.

Im März 1933

Ende März 1933 war Albert Einstein selbst, damals wohnhaft Schöneberg Haberlandstr. 5, seinem Ausschluß aus der Akademie der Wissenschaften zuvor gekommen. Er schrieb: “Die in Deutschland herrschenden Zustände veranlassen mich, meine Stellung bei der Preußischen Akademie der Wissenschaften nieder zu legen. Einstein emigrierte noch 1933 in die USA.

Im März 1933

Max Hirschberg (* 13. November 1883 in München; † 21. Juni 1964 in New York, NY) war ein deutscher Rechtsanwalt jüdischer Abstammung. In der Weimarer Republik wurde er durch zwei politische Prozesse bekannt, in denen er als Strafverteidiger auftrat. Von ihm stammt auch eine bedeutende Kategorisierung von Fehlerquellen der Rechtsprechung (“Genealogie der Rechtsprechung”). Als engagierter Gegner Hitlers wurde Hirschberg im März 1933 in mehr als fünfmonatige Schutzhaft genommen. 1934 floh er zunächst nach Mailand und arbeitete dort bei einem italienischen Anwalt. Im März 1939 emigrierte er nach New York.

Ende März 1933

Im März 1933 hatte Frau Dr. Else Weil, erste Ehefrau von Tucholsky, ihren Mädchen-Namen wieder angenommen. Ihr wurde die kassenärztliche Zulassung wegen ihrer jüdischen Herkunft entzogen; bis zum 25. März 1933 war sie als Ärztin  an der Inneren Abteilung des Krankenhaus Friedrichhain beschäftigt. Es wird vermutet, dass ihr ein „freiwilliges“ Ausscheiden nahe gelegt wurde. (Sie wurde 1942 in Auschwitz ermordet.) Im November 2010 ist in Rheinsberg im Literaturmuseum ihr zum Gedenken eine Ausstellung eröffnet worden. Else Weil ist als „Claire“ in Tuchos Erzählung „Rheinsberg“ bekannt geworden. (Literatur: Tagesspiegel vom 14. November 2010 und Sunhild Pflug „Dr. med. Else Weil“)

Ende März 1933 (evtl. auch in den ersten beiden April-Tagen) tagte in Northeim (Niedersachsen) der Kreisrat und beschloss, dass den Juden alle Aufträge des Kreises genommen, dass sie aus dem Kreisaltersheim entlassen werden und sämtliche Vergünstigungen verlustig gehen sollten.   (Literatur: „Das haben wir nicht gewollt“ von William Sheridan Allen; Originaltitel: „The Nazi Seizure of Power“)